Der Lebens-Integrations-Prozess
aus der Sicht von Marion Hötzel
Der Lebens-Integrations-Prozess (LIP) gibt uns die Möglichkeit, unseren individuellen Werdungsprozess einmal aus einer META-Ebene zu betrachten. Es ist ein An-SCHAUEN, mit allen Sinnen. Ein Schauen, in dem es keine Bewertung, keine Fragen und somit kein vordergründiges EGO gibt. Ein Schauen, das durch Fühlen sehend wird, und dessen Worte die Wahrnehmung sind. Es entsteht ein Zustandsraum, der anerkennt und wertschätzt, was tatsächlich in uns ist und der wir sind.
Wenn das EGO bis zum Himmel reicht
Die ständige Beschäftigung mit dem ICH aus dem EGO ist eine so langweilige Nabelschau, die gerade kein Ende zu finden scheint … und da darf schon mal die Frage aufkommen, was denn nun so herausragend an diesem ICH ist, dass wir so sehr daran hängen und auch darin gefangen sind?
Ist es etwa die Fähigkeit zu denken? Die Fähigkeit, Gedachtes in ein Getanes zu bringen, also zu Handeln? Die Fähigkeit, all das im Rückblick zu reflektieren und vielleicht auch die Fähigkeit, die im Moment ablaufenden inneren Prozesse zu benennen und diese also reflexieren zu können?
Das ist zwar alles fein und zweifelsohne eine erstaunliche Errungenschaft des menschlichen Verstandes, doch alles, ist das eben noch nicht und mit Bewusstsein oder Bewusstsheit, hat all das noch nichts zutun. Obwohl kein Zweifel daran besteht, dass, sobald wir beginnen all diese Abläufe bewusst wahrnehmen, sich so etwas wie eine Begeisterung für uns selbst einstellt. So wie ein Kleinkind, das sich stundenlang mit der Entdeckung der Zehchen oder Fingerchen beschäftigen kann und davon total entzückt ist, sind auch wir beeindruckt von der Fähigkeit unseres Verstandes und denken tatsächlich wir wären er.
Die verzweifelte Suche nach Besonderheit
Die Begeisterung für unseren Verstand sorgt dafür, dass unser EGO uns einflüstert, wir seien einzigartig und unbedingt selbstbestimmt. Ein Reigen von Besonderheiten entsteht, die wir Neurosen nennen müssen. Kontrollieren, Manipulieren, Optimieren sind die Maxime der Zeit. Eine Ansammlung von selbstverliebten EGOs ist unterwegs. Alles muss unbedingt getan werden, um gesund, reich, erfolgreich und schön zu bleiben, als wäre das Leben unendlich. Und das ist es auch, doch unser persönliches Leben ist es nicht. Für Kinder ist der Tod überhaupt keine Größe, keine Vorstellung, er hat keinerlei Bedeutung, er ist nichts, was sie sich vorstellen können.
Diese Tatsache zu begreifen, ginge über ihre kleine Geisteskraft hinaus und sie würden ihre spontane Lebendigkeit verlieren. Doch in der Welt der Erwachsenen gehört der Tod unbedingt dazu. Denn nur durch die Tatsache der Endlichkeit, wird unsere Lebenszeit erst wertvoll und voller Lebenskraft sein können.
Der moderne Mensch unserer Tage schert sich nicht um Alter und Tod. Mehr noch, ist er bestrebt, ihn überall dort zu vertreiben, wo auch nur ein Hauch von Alter und Endlichkeit sichtbar ist.
Kein Wunder, dass der Blick gerade jetzt auf den Aspekt des Narzissmus fällt. In der kindlichen Liebe zu uns, in der es keinen Tod und kein Alter gibt, lebt der Glaube an das ewige Leben. Hier hat die Endlichkeit keinen Raum und genau das ist gerade der Zeitgeist. Nun rückt also dieser kindliche Aspekt des Narzissmus in den Fokus. Eine, der Entwicklung nach, ganz logische Folgerung. Doch das Zeigen mit dem Finger auf diejenigen, von denen wir glauben, sie seien im kindlichen Narzissmus hängengeblieben, ist nur möglich, weil wir selber noch unentdeckte narzisstische Züge in uns tragen. In der Kindheit ist er eine ganz normale Entwicklungsstufe und eine überaus wichtige Phase für den Bewusstseinssprung, der in die Selbsterkennung führt. Im Verlauf der weiteren Entwicklung dann, sollte sich Narzissmus in Empathie, bis hin zu Mitgefühl entwickeln können.
Da sitzt ein kleiner Mann im Ohr
So bleiben wir Narren unserer Vorstellungen und die narzisstische Vernebelung, durch Vortäuschungen, von Wissen, von Selbstakzeptanz und von Selbstliebe, führt uns eben nicht in die Freiheit des Individuums, sondern verstrickt uns immer tiefer in die Unfreiheit des Egos. Am Ende fatal, denn die derzeit so hochgelobte Individualität ist nichts anderes, als die Aneinanderreihung von Träumen und Wünschen, aus denen dann das neurotische ICH entsteht. Zwar ist auch dieses nur eine Illusion, ein Trugbild, eine Fata Morgana, doch das stört den Glanz des Egos nicht. Alles, was wir erkennen ist strahlend. Das Negative wird optimiert und umstrukturiert, koste es was es wolle. Das neurotische ICH bläst sich auf und brüstet sich damit, aufgeklärt, achtsam, meditativ, bewusst und reflektiert zu sein, welch ein Irrtum!
Und dieser Irrtum muss aufrechterhalten werden, er darf nicht infrage gestellt werden. Das ist der Deal. Also setzen wir alles daran, uns mit Menschen zu umgeben, die helfen, diesen Schein zu wahren. Die auch nur das Gespiegelte sehen und es möglichst vervielfältigen. Im Kabinett der Verspiegelung, werden wir ganz allmählich oder auch ruckzuck, ganz einfach verrückt. Zu Narren unseres Daseins. Dabei gerät unser Persönlichkeitskonstrukt massiv unter Druck und es beginnt eine innere Zerreißprobe. Der Kampf zwischen Illusion und Realität. Und vermutlich kommen wir hier erstmals mit einer sehr bestimmenden Lebenskraft in Berührung, nämlich mit dem Leben selbst. Es treten Krisen auf, die den Plan vom Leben durcheinander wirbeln und uns gleich mit aus der Bahn werfen.
Wie wird es weitergehen
Vielleicht wissen wir hier zum ersten Mal, dass es im Leben eben keine Gewissheiten, sondern nur vage Annahmen, geben kann. Und eines liegt ganz deutlich auf Hand: Das LEBEN fragt uns nicht, ob wir es leben möchten … geschweige denn, ob und wie, bei und mit wem, wir leben möchten und welche Erfahrungen wir machen möchten.
Den Alltag zu gestalten, ohne die Wahrnehmung unserer inneren Verbundenheit mit dem Leben, führt uns nur an irgendeine beliebige Oberfläche und ist die Wurzel einer tief sitzenden Unzufriedenheit. Eine latente Unzufriedenheit, die wir in Form von Unruhe und in dem Wunsch nach Ablenkung, fast durchgängig spüren. Wenn wir allerdings das Leben mit uns selbst, und anderen als erfüllend wahrnehmen möchten, bleibt uns nur das Bemühen darum, die eigene Verbindung mit dem Leben selbst zu erspüren und zu kultivieren.
Hinter dem Offensichtlichen liegt eine andere Wiese
Und nun kommt die Arbeit mit dem Lebens- Integrations- Prozess in den Fokus unserer Betrachtung. Das LIP-Aufstellungsverfahren geht über das Offensichtliche hinaus, und führt in einen neuen Wahrnehmungsraum. Er ist keine romantische Attitüde, sondern ein tiefgreifender Selbstprozess, der uns in die Verbindung mit dem Leben bringt. Es geht dabei um das Sichtbarwerden der bisher noch unerkannten Beziehung zu uns selbst. Und genau da, liegt ein großer Erfahrungsschatz in uns, der weiter wachsen will. Denn unser ICH ist sichtbar, doch das SEIN, ist es nicht.
Ob wir wollen oder nicht
Die Lebensphasen, durch die wir als Menschen zu gehen haben, unterliegen ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten. Von der Werdung im Mutterleib, bis hin zum jungen Erwachsen und in späterer Folge dann das Alter, nimmt das Leben uns einfach mit, auf diese innere wie auch äußere Lebensreise. Alle Phasen haben Prägungen hinterlassen, die unterschiedlicher nicht sein können. So hängen die Erinnerungen aus diesen Lebensphasen meist unbewusst in uns herum und führen ein Eigenleben. Ein Eigenleben, das uns an so mancher Weiterentwicklung hindert und uns beschwert. Kein Wunder, dass da die Sehnsucht nach der Leichtigkeit des Seins, entsteht.
Wir stecken häufig in Phasen der Kindheit oder frühen Jugend fest und wundern uns manches Mal über unser Verhalten. Und wie verhext kommen diese Kobolde immer und zu jeder Unzeit aus uns heraus. Im LIP rufen wir die Geister und die Struktur schafft den Raum, in der die Begegnung mit uns selber stattfinden kann. Die Stellvertreter, die die einzelnen Lebensstufen repräsentieren, begeben sich in eine Spiegelrolle. Du schaust in Deinen eigenen Spiegel und siehst das, was da ist. Meist ein tief bewegender Moment, der mit Selbstmitgefühl und einer direkten Selbstwahrnehmung einhergeht.
Die Erlösung
So entsteht für eine kurze Weile, ein recht nüchterner und völlig unspektakulärer Haltungsraum, der auf keine Veränderung oder gar Therapie abzielt, sondern den Fokus einzig auf Anerkennung und Akzeptanz legt. Für Bruchteile von Sekunden erfahren wir uns, als in uns selbst lebendig. Wir wissen schlagartig, dass wir leben und wie sich das Leben in uns an spürt. Ein unfassbarer Augenblick des Selbstseins. In diesen Sekunden hebt sich das Zeitprinzip in uns auf und wir verlassen das uns bekannte Prinzip der Dualität. Wir erkennen uns selbst. Ein meist tief berührender Augenblick, mit Aussicht auf Erkenntnis. Plötzlich fühlen wir uns völlig entblößt und auch völlig entspannt. Unser EGO schweigt und wir erfahren diese Entspannung frei von einem plappernden EGO in einem RAUM von Dasein …
Die Anerkennung dafür, wer wir tief innen sind und diese Freude darüber, kann mit dem Moment der Glückseligkeit beschrieben werden. Ja, wir sind vom Glück erfasst, uns als lebendiges Wesen wahrnehmen zu können. Demut und Liebe werden uns zuteil und bringen eine SELBST Verantwortung mit sich, aus der heraus Selbstbestimmtheit erwachsen kann.
ICH-DU- WIR-Gemeinschaft
Im Verlauf dieser Verwandlung erkennen wir, dass wir uns allein nicht weiterentwickeln können, dass ein Du und ein Wir unbedingt notwendig sind. Nicht nur um unserer SELBST willen, sondern damit wir im WIR existieren können. Und dieses Wir, wird im LIP von den StellvertreterInnen repräsentiert. Mit Stellvertretern zu arbeiten, kennen sicher viele schon aus dem Familien-Aufstellungsverfahren. Nur das es im LIP immer um die eigene Entwicklung geht und nicht um den Platz in einem System. Hier sind wir selber das System in dem wir uns bewegen.
Welch eine wunderbare Aufgabe für jeden einzelnen, in diesen Prozessen, ein Teil von Bewusstsein zu sein, das transformiert und Verbindung entstehen lässt. Nennen wir es ab hier Nächstenliebe. Eine Nächstenliebe die gelebt und erfahrbar und wahrhaftig wird. Wenn auch nur für einen kurzen Moment, bleibt auf jeden Fall etwas in uns selbst zurück. Eine Verbindung, die aus einer anderen Welt zu kommen scheint. Vielleicht ist es eine Union, eine Vermählung die wir kurze Zeit erfahren dürfen, vielleicht auch grenzenlose Liebe. So werden wir im LIP, zu einer Mikoweltengemeinschaft, mit Aussicht auf Erfolg.
Wir sehen im LIP ein Erfolgsrezept für jeden Einzelnen, sowie für alle, die an ihm teilhaben. Freude, auch im Schmerz zu erfahren, und zu erkennen, dass es keiner weiteren Tröstung bedarf als die, die durch diesen WIR-Prozess von selbst entsteht, ist eine zutiefst entlastende und verbindende Erfahrung. Erst jetzt, und durch diese Erfahrung von Verbindung und Entlastung, können wir unseren Handlungen, leben einhauchen und verleihen unserem Wirken eine pulsierende Beseeltheit.
Sidestep
Die kleinste aller Gemeinschaften ist die Paarbeziehung. In Partnerschaften leben ist schwierig genug und doch ist so, dass wir eben nicht allein sein möchten und vielleicht auch gar nicht können. Paarbeziehungen sind persönliche Entwicklungsunterstützer, denn aus eins plus eins wird drei. Wenn aus zwei Lieben eine Paarbeziehung entsteht, sind wir auf dem Weg der größten Herausforderung des Beziehungslebens.
Doch wie kann ich diese Liebe in mir und die Liebe im anderen so lassen wie sie ist? Wie, im Zusammensein, den Raum haben, selbst zu sein und Raum geben können, um anders zu sein? Oft spielen auch hier die unterschiedlichen Prägungen und Erfahrungen, ungefragt in die Zweisamkeit hinein. Sie entzweien uns und machen das Beziehungsleben schwer, bis unmöglich. Anzuerkennen, dass jeder seine Lebens- und Leidensgeschichte mitbringt, ist ein großer Schritt in Richtung Mitgefühl. Doch einfach ist das nicht! Schon immer gab es verschiedenste Möglichkeiten, Beziehung zu leben. Ein kleiner gesellschaftlicher Rückblick bringt da Staunen hervor, doch ähnlich wie in der Mode, ist ein Trend eben nur ein Trend und ob da dann mehr entsteht, zeigt immer erst die Zukunft.
Wir sehen auf jeden Fall das größte Potenzial für menschlich geistiges Wachstum in zwei Menschen, die sich aufeinander beziehen. Ein Ganoven- Pärchen, wie Pech und Schwefel, dick und dünn, dumm und schlau, schön und hässlich, Arm und Reich. Alle Geschichten, von Romantik über Drama, bis hin zur Eiszeit und erneuter Blüte. Alles muss dabei sein, sonst wird es nichts.
Beziehungsintegrationsprozess -BIP-
Malte Nelles hat den Beziehungsintegrationsprozess entwickelt und nimmt neben den Kraftlinien beider Protagonisten, als dritte Linie der Liebe, die Beziehung selbst hinzu. Auf diese Weise lenken wir ein klein wenig von unseren Machtkämpfen ab, und bewegen uns auf die Liebe, die uns als Paar verbindet, zu. Er geht von Kraftlinien aus, durch die eine Beziehung erst wachsen kann. Diese sind die eigene Geschichte und das Potenzial des Paares. Diese Pole stehen hier im Mittelpunkt. Auf diese Weise schaffen wir eine respektvolle Distanz zueinander, in der wir den anderen, jenseits des eingefahren Bildes, wieder erkennen können.
Es ist nicht immer ein brennender Umstand nötig, um einen solchen Prozess zu durchlaufen. Einfach die Liebe in uns und das Wertvolle an der Beziehung erkennen, führen schon in eine tiefe Transformation. Doch natürlich sind uns Themen auch willkommen. Denn diese finden sicher einen anderen Ausdruck, als Sie befürchten. TRAUEN SIE SICH …
Fazit
Es sind also Lebens-Phasen, die wir durchlaufen, durch die sich das ICH entwickelt. Die begrenzenden Bilder, Glaubenssätze und schmerzlichen Erfahrungen aus unserer persönlichen Geschichte, formen dieses Ich und münden in ein EGO. Wir erkennen narzisstische Züge aus den Kindertagen sofort und auf diese Weise verwandeln sie sich in Mitgefühl und bescheren uns die Fähigkeit, uns tatsächlich verbunden zu fühlen können.
Unendlich viele Aspekte und verschiedene Widrigkeiten sind es, die uns das Leben schwer machen. Sie als gegeben hinzunehmen, ist ein ungemütlicher Schritt, aber als Wachstumsunterstützung notwendig. Doch sie ungefühlt durchlebt zu haben, ist tragisch. Tragisch deshalb, weil wir durch das Fühlen in eine Transformationsebene von Bewusstsein gelangen, die uns das Erfahrene als Essenz vererbt. Ein Erbe, mit unvergesslichem Erfahrungsgewinn, weil hier das Denken von Gedanken, keinen Anker hat. Und vielleicht ist diese Essenz in unserem innersten Sein der Grundbaustein für Weisheit. Eine Weisheit, die, die Unwissenheit, den Unmut und die Unzufriedenheit vertreibt. Eine Weisheit, die uns das Leben und den Tod lieben lassen. Eine Weisheit, mit der wir sind, wer wir sind. Ja, da bleibt mir zum Schluss doch nur noch zu sagen: Worauf warten Sie noch? Werden Sie einfach weise!
Aussicht mit Herz
In unseren Themen-Workshops, in denen wir die Methodik des Lebens-Integrations-Prozesses anwenden, können Sie leibhaftige Erfahrungen machen. Und um all jene Überreste aus unseren Kindertagen zu erforschen und sie liebevoll und achtsam, in unser jetziges Leben zu transformieren, bieten wir unseren Jahresprozess, als Herzstück unserer Arbeit, an.
Hier beginnt eine innere Verwandlung, die Platz für neue Lebenslinien schafft. Die jenseits der Altlasten aus den Kindertagen, etwas gänzlich einzigartiges entstehen lässt. Nämlich: Ihr LEBEN! Und sollten Sie sich für unseren Jahresprozess interessieren, können Ihnen diese Workshops einen guten Einblick in unsere Arbeit geben. Wir alle haben doch nur eine Ahnung von dem, was in uns liegt und Gewissheit bekommen wir nur, wenn wir mal nachschauen, wer oder was, da noch in uns ist. Vermutlich werden Sie keinen Fremden finden, doch vielleicht sind Sie ja selbst schon das größte Geschenk in Ihrem Leben. Ich gebe zu, vermutlich nicht immer ein ganz einfacher Prozess, aber ein Gewinn an Bewusstheit, Lebendigkeit und Liebe, ist es ganz sicher.
Schön, dass Sie da waren … Wir freuen uns auf Sie!
COPYRIGTH
Gerne können Sie diesen Text verwenden und ihn mit anderen teilen. Über eine Quellenangabe freue ich mich …
Vielen Dank! Marion Hötzel