Der Deal mit der Liebe – Teil 3

in Liebe mit Meditation 

 

Meditation ist für uns ein Werkzeug zur Bewusstwerdung, durch das alles Illusionäre entlarvt werden kann.  Es gibt verschiedene Formen und Traditionen, in denen Meditation praktiziert wird. Wir sehen in der Meditation die Möglichkeit, unserem persönlichen Bewusstwerdungsprozess zu folgen, das allerdings muss man wollen.

Die Voraussetzung dafür ist das ständige Infragestellen der eigenen Person. Nicht etwa, um besser oder optimierter zu werden, nein, um überhaupt zu werden. Werden, wer man ist, und nicht, wer man gerne sein möchte! Das ist natürlich in den heutigen Zeiten der springende Punkt …  Wo uns überall vorgegaukelt wird, wir könnten werden, wer wir wollen! Dabei können wir nur werden, was wir wollen, aber wir können niemals werden, wer wir wollen, denn der/die sind wir doch schon.

Durch die Praxis der Meditation nähern wir uns all unseren Vorstellungen, Prägungen und Überzeugungen an. Auf diese Weise eröffnet sich uns Schritt für Schritt eine umfassende Realität. Eine Realität, die meist erstmals ohne jegliche Eintrübung erfahrbar wird. Dies könnte der eine oder andere durchaus als Realitätsschock erfahren. Also unter Umständen keine leicht zu akzeptierende Wirklichkeit. So beginnt Bewusstheit, sich weiter in uns auszubreiten, und unser wahres Interesse für diese Welt wird existenziell.

Unsere Hinführung zu einer konstruktiven Meditationspraxis, die das Wachstum von Bewusstsein im Fokus hat, wurde durch die Sichtweise des Lebens- und Bewusstseinsstufenmodells auf unbeschreibliche Weise bereichert. Statt uns wie bisher einzig auf die Aspekte der Achtsamkeit auszurichten, erhielten wir einen völlig neuen und überaus lebendigen Blick auf die WIRKLICHKEIT. Aus einem prägungsfreien inneren Raum können wir auf persönliche Dramen, alte Geschichten, Vorstellungen und Bedingungen verzichten und eine völlig unbelastete Seite unseres Lebens erfahren.

Ab hier beginnen wir, nur noch Momente und Augenblicke zu leben, und lernen, diese von den Illusionen und Bedingungen unseres Verstandes zu unterscheiden. Möglicherweise ist das ja das JETZT, von dem alle träumen: eine liebende Verbindung mit der Existenz, ein Tanz mit dem Leben. Mitunter scheint es jedoch wie ein Sprung aus schwindelerregender Höhe zu sein. Du siehst den Boden nicht, auf dem du landen wirst … und die Konfrontation mit all unseren Voreingenommenheiten erscheint so manchem als gefährlich! Überwinden wir diese unbegründeten Ängste und lassen wir uns in den Augenblick fallen, erleben wir vielleicht zum ersten Mal, was Liebe, Gnade und Dankbarkeit tatsächlich sind. 

So entwickeln wir uns, werden wahrhaftig und leben dieses Leben tatsächlich, statt es nur ab-zu-leben. Auch hier finde ich das Wortspiel AB-LEBEN einfach nur grandios … und dann sind wir vielleicht das, was man als spirituell bezeichnet, oder vielleicht, und das ist mir sehr viel näher, sind wir dann ganz einfach nur lebendig.

Was ist denn nun Spiritualität oder Liebe?

Sobald ich aufstehe und der Tag beginnt, bin ich da! Und nun entscheide ich, ob ich anwesend bin in meinem Leben oder nicht … Für mich ist das Spiritualität. Ich bin lebendig, zum Beispiel beim Zähneputzen, Händewaschen, Frühstücken, Zeitunglesen, Spazierengehen, Arbeiten, Ruhen, Essen, Trinken, Plaudern, Staunen, Lernen, Sehen, Hören, Erkennen, Fühlen, Spüren, Denken, Sprechen und Schweigen, Lieben und Träumen, in Trauer und Zorn. Mich entrüsten, mitfühlen, fordern, geben und nehmen. Ein mitfühlendes Herz zeigen, warm und kühl sein.  In Nähe wie in Distanz. Eben alles sein und erfahren, was gerade ist.  Jeden Augenblick das Leben sehen, immer wieder neu, und mit aller Beseeltheit füllen und diese ins Leben, in das große WIR, tragen und MIT-DA-SEIN: Mittendrin-sein, Ich-sein, Du-sein, Wir-sein, Alles-eins-sein.  Marion Hötzel 2023

All das ist ja nichts Neues, nichts, was neu entdeckt, erfunden oder trainiert werden könnte oder müsste. In Wahrheit ist das alles schon in Tausenden von Büchern beschrieben, kann jeder, der möchte, den Zugang dazu finden und doch scheint es nichts für schwache Gemüter zu sein! Nichts für Gemüter, die dem Bekannten und Vertrauten den Vorzug geben. Nichts für Gemüter, die mehr haben möchten, als sie bereit sind, zu geben.

Nichts für ausgeklügelte Denker mit Kalkül, nichts für jene, die sich für das Träge entschieden haben..  Eines ist jedoch unumstritten: Jeder kann einen Weg gehen, um seine Wahrhaftigkeit zu finden. Nur muss dieser Weg von Anfang bis Ende gegangen werden, denn erst dann entfaltet sich das eigene Leben und  Schritt für Schritt, liegt es ausgebreitet vor uns.  Wir sind dann irgendwie bei uns und in uns, sind wach und anwesend, wenn sich das Leben für uns öffnet und uns einfach mitnimmt, auf eine Reise, von der wir nicht wissen, wohin sie führt, doch wo sie schließlich endet, das wissen wir schon. Und was dann da ist oder auch nicht da ist, wer mag das sagen. Die Spinnereien zu diesem Thema sind vielfältig und darüber haben wir an anderer Stelle schon ausführlich geschrieben.

Der Weg also in die Wahrhaftigkeit ist der Weg zum Selbstsein. Du selbst hast Dir die Steine in den Weg gelegt und leider vergessen, wo sie liegen. Und genau das macht es so mühsam bisweilen, doch eine Mühsal, die Deiner wert ist. „Erbarme Dich Deiner, sagte einmal einer meiner Lehrer zu mir. Anfangs wusste ich nicht so ganz, was er wohl damit meinen könnte und wohin das führen sollte. Ich erkannte jedoch schon sehr bald, dass es wohl eine der schwierigsten Meditationsaufgaben werden würde. Eine Aufgabe, die mich bis heute begleitet. Und da komme ich immer wieder zu Carlos Castaneda, der den jungen Don Juan sagen lässt:

„Für mich gibt es nur ein Reisen auf Wegen, die Herz haben. Auf jedem Weg reise ich, der vielleicht ein Weg ist, der Herz hat. Dort gehe ich und die einzig lohnende Herausforderung ist es, ihn in seiner ganzen Länge zu gehen, und erst am Ende des Weges sehe ich, ob es ein Weg war, der Herz hatte.“                            

Vielleicht macht uns die Erkenntnis, nicht allein zu sein mit all unseren Fragen und Phrasen, mit all unseren Unsicherheiten und Hilflosigkeiten, offener für ein mitfühlendes Herz. Ein Herz, in dem wir einander unsere menschlichen Unvollkommenheiten gestatten, verzeihen und liebgewinnen. Vielleicht ist es ein neuer WEG, ein Weg in die Epoche der Mitmenschlichkeit.

Denn wo fangen Frieden und Liebe an?

Doch nur in uns selbst, durch die Versöhnung mit uns und dem Leben. Wir erkennen, dass wir enttäuscht und verwundet vom Leben sind. Diese Enttäuschung hat uns einst das Ja zum Leben gekostet.  Und dieses „JA“ ist ein entscheidendes. Es ist eben nicht das persönliche Ja des kleinen Ichs, vielmehr wächst da ein großes JA heran.  Aus meiner Sicht geht der Weg in eine alltäglich gelebte Spiritualität nur über dieses – allumfassende – JA – zu allem, was ist. Und der Schlüssel dazu ist in erster Linie das große JA zu uns selbst. Nicht zu einer Tradition, einer Religion, nicht einmal der Überzeugung einer achtsamen Haltung, nicht einmal einer höflich dankbaren Zurückhaltung und nicht einmal all den gebrachten Opfern, mögen diese auch noch so heilig gewesen sein. Es geht um das uneingeschränkte „JA“ zu unserer Natur und der Natur aller Dinge.

Die Fähigkeit, jenseits von Toleranz, Empathie und Verständnis Liebe zu empfinden und diese auszudrücken, ist ein Privileg unseres Menschseins. Und diese Fähigkeit ist ein Alleinstellungsmerkmal unserer Spezies. So haben wir alle noch Luft nach oben und wissen, wohin wir noch wachsen können.

Dabei müssen Beziehungs- und Gemeinschaftsfähigkeit nicht neu erfunden werden.  Sie sind seit jeher tief in jedem von uns angelegt, denn sie sind existenziell. Genauso wie das Streben nach Verbundenheit und tiefer Freundschaft und auch die Suche nach individueller Freiheit und Autonomie stellt sie eine tiefe Sehnsucht in uns allen dar.  Es geht hierbei um den Wunsch oder den Drang nach Bewusstwerdung, nach dem, wer wir sind, die Sehnsucht, wir SELBST zu sein.

Im Grunde erfahren wir uns alle zweifach. Sind voneinander getrennte und zugleich verbundene Wesen. Sind innerlich versunken und äußerlich aktiv.  Suchen also ständig danach, verbunden zu sein. Und diese Suche nach Verbundenheit ist, wie schon erwähnt, existenziell. Wir alle stammen aus einem Ganzen, sind aus dem Einen hervorgegangen. Vielleicht können wir sagen, wir sind ein Teil vom ganzen Bewusstsein. Ein Stückchen daraus, ein Zufall, eine Gnade, was auch immer. Es ist demnach aus gutem Grund eine existenzielle Suche nach diesem Ganzen.  Doch heute, in unseren Zeiten, die völlig anders sind als noch vor 100 Jahren, sind wir eben auch Einzelwesen und diese vielen Einzelwesen machen die Gesellschaft aus. Das war schon immer so, doch auch war es immer anders.

Schauen wir uns mal die folgenden zwei Aspekte an: 

GETRENNT – VERBUNDEN, das erscheint ein Gegensatz zu sein, der allerdings nur an der Oberfläche wirkt, denn in der Tiefe sind sie eine Einheit. In Wahrheit sind es zwei Pole, die zu dieser ursprünglichen Einheit führen, die wir alle in uns tragen. Gegensatz und Einheit vermählen sich zu einem erfahrbaren GANZEN und münden in der Liebe. Hier können wir es auch das kosmische Bewusstsein oder die All-Eins-Erfahrung nennen.

Heute sind wir alle individuell und unser auf Besonderheit ausgerichteter Verstand ist ein Trenner. Er ist es, der uns von uns selbst und uns voneinander trennt. Er spiegelt sich pausenlos und schlimmer noch: Er sucht ständig Möglichkeiten, sich zu spiegeln.  Sobald wir erkennen, dass wir immer in einen Spiegel blicken und in diesem Spiegel immer nur uns selber sehen, verliert der Verstand augenblicklich seine Vormachtstellung und erst jetzt kann das Andere erkannt werden. 

Es ist dann wie ein Schock, wenn wir dieses Band der Liebe erkennen können.  Ein Band, das uns alle hält und in dem wir uns als gehalten empfinden. Plötzlich können wir in den unterschiedlichen Temperamenten, Eigenarten, Prägungen, Herkünften und Potentiale das erkennen, was sie sind, nämlich das Ganze. Wir erkennen unser Menschsein in diesem Ganzen und die unerschöpfliche Vielfalt als ein Wunderwerk an … Ab hier sprechen wir dann von einer frei empfundenen oder auch völlig ungebundenen Liebe.

Da die Liebe von unseren individuellen symbiotischen Einheitserinnerungen geprägt ist und somit auch immer mit persönlichen Wünschen gespickt ist, führt schon allein das Wort „Liebe“ unweigerlich zu Missverständnissen. Hingegen hebt die All-eins-Erfahrung die Illusion des Getrenntseins auf, indem das Streben nach dieser symbiotischen Verbundenheit erlischt. Verbindungen bekommen eine völlig neue Dimension und Bedeutung. Und nur über die innere Bereitschaft, eine solche Erfahrung zulassen zu können, gelangen wir zu dem Bereich, in dem ein erfülltes Leben erst möglich werden kann.  Doch genau diese Aussicht bereitet vielen Menschen Unbehagen. Sie ahnen schon, dass dann nichts mehr so sein wird wie bisher. Nichts, was war, hat mehr Bestand, keine Werte, keine Maßstäbe, wenn wir hier überhaupt von Maßstäben und Werten sprechen können. Im Grunde herrscht hier so etwas wie eine liebevolle Anarchie, eine selbstverständliche Ethik, die keine Worte und Definitionen braucht. Hier kommen wir in den Bereich, den wir „Alloffenheit“ nennen. Schon ähnlich wie beim ersten Verliebtsein im Kindergarten, der unendlichen Liebe des Kleinkindes zur Mutter und der Liebe zu allem, was das Leben für ein Kind bereithält. Eine Liebe ohne Makel, im Fluss des Lebens mit sich selbst. Eine neue Ebene des So-Seins.

Jeder sehnt sich im Grunde seines Herzens danach; verheißt es doch, SO SEIN zu dürfen, wie man ist. Ja und nein … genau diese Ambivalenz lässt uns ängstlich und unwohl werden, lässt uns vage und auch zuweilen diffus zurück. Dabei sind all diese Ambivalenzen völlig normal und ganz natürlich. Denn nachdem, was wir hinter uns gebracht haben und aufführen mussten, um unseren wahren Kern zu schützen, sollen wir ihn jetzt abgeben, soll er zum Leben erweckt und öffentlich werden?!

Und dann könnten wir einfach so und völlig entspannt wir selber sein?  Eine geradezu paradiesische Vorstellung, die Fragen aufwirft: Darf das tatsächlich sein?  Darf ich das erleben? Darf das ohne Schwere und Leiden geschehen? Bin ich das wert? Und genau mit dem Beginn dieser bohrenden Fragen und der Suche nach den Antworten schließt sich der Kreis der Versöhnung in uns und wir bekommen eine völlig andere Sicht auf uns selbst und das Dasein, in dem wir uns befinden. Hier kommt dann unser Jahrestraining ins Spiel. Ein Jahr, in dem sich das Leben verändern wird, das ist garantiert … Wohin? Das wissen wir nicht!

Das Bewusstsein-Essenz-Training

In unserem Jahrestraining arbeiten wir mit genau diesen Polen, diesen Ambivalenzen in uns.  Wir finden einen Zugang zu den inneren Räumen von Individuation und Freiheit und erfahren, dass sich von dort aus der Weg über das Ich zu einem „ICH BIN“ auf natürliche Weise eröffnet.

Wir machen die großartige Erfahrung, nicht allein zu sein. Die Gruppenarbeit und die Begleitung zwischen den einzelnen Modulen lassen uns aneinander und miteinander wachsen. Auf diese Weise erfahren wir alle etwas Größeres. Etwas, das uns ganz offensichtlich hält und unterstützt. Wir fühlen uns aufgehoben und behütet. Diese kleine Weltengemeinschaft, die während dieser Monate entsteht, ist nichts Flüchtiges, nichts, das wieder vergessen würde, nichts, das in einer romantischen Verklärung unbrauchbar wird, sondern sie überdauert Zeit und Raum.

Wir erkennen jedes Potenzial als etwas Einzigartiges an und begreifen, wie wertvoll wir selbst und alle anderen sind. Wir erahnen nicht, sondern wir erkennen, dass jeder einen winzigen Teil dieser unendlichen Liebe oder des kosmischen Bewusstseins in sich trägt, dass jeder sozusagen ein Teil dieses Bewusstseins, dieses Ganzen, ist. Hier könnten wir sagen: „Heilig ist“ …

So durchlaufen wir in diesem Jahrestraining alle Bewusstseinsphasen, die wir bereits durchlebt und überstanden haben. Schauen mit den Augen eines Liebenden auf sie zurück und verweilen ein Weilchen in ihnen, um sie besser verstehen zu lernen. Sobald wir auf der Ebene ankommen, auf der wir beginnen können, unser Leben völlig prägungslos neu zu beschreiben, kommt die Zeit des Abschieds und der Versöhnung mit unserer Prägungsgeschichte. Es ist die Zeit des Vergessens, die Zeit, in der wir auch ein klein wenig trauern werden. Doch wir bemerken schon, dass uns keine Altlasten mehr drücken, dass alte Prophezeiungen keine Erfüllung mehr suchen und uns die Vielfalt des Lebens einfach nur berührt.  So werden wir zu Berührbaren … berührt, von der Liebe und der Freude am Sein.  Wir beginnen, geschehen zu lassen, was geschehen will, und wir geben und nehmen so lange, bis alles gelebt, gegeben und genommen ist. All dies findet im Verborgenen statt. Im tiefsten Inneren, der Seite des Lebens, die wir den Tod nennen. Und niemand drückt die Mühsal so zuversichtlich wie Steven R. Corny aus, indem er sagt:

„Dies allein ist die wirklich lohnende Investition, die wir in unserem Leben tätigen können: die Investition in uns selber. Denn wir selber sind unser einziger Zugang, um am Leben teilzuhaben.

Und mit diesen Worten ende ich heute und vielleicht konnte ich etwas in Ihnen berühren und in Bewegung setzen. Eine Bewegung, die in Ihnen stattfindet und Sie zu berühren weiß. Ich freue mich, dass Sie durchgehalten haben, sich möglicherweise Fragen stellen mussten, auf die Sie noch keine Antworten gefunden haben. Das macht nichts, glauben Sie mir, die Antworten werden zu Ihnen kommen.

Bleiben Sie bei sich und vielleicht treffen wir uns zu einem neuen Gedankenspiel an dieser Stelle! Zum letzten und 4. Teil dieser Serie.. 

 

COPYRIGHT

Marion Hötzel, ZENtrum-Mondsee 2025

Gerne können Sie aus diesem Gedankenfluss schöpfen, und schön, wenn Sie auf die Quelle hinweisen. Herzlichen Dank!