Meditation in der Dunkelheit –

Darkness to inner light

Und am Anfang ward Finsternis und Licht…

Dunkelheitsmeditation ist – wie der Name schon sagt – meditieren in absoluter Dunkelheit und schweigend. Dunkelheit birgt die Essenz, das Göttliche in sich.  So überliefern es alle spirituellen Schriften aus vergangenen Zeiten. Herausragende Dichter, Denker und Philosophen und nicht zuletzt die zauberhafte Märchenwelt und die Schöpfungsgeschichte, berichten von der Qualität der Dunkelheit.

Wenn alles zu hell ist

Heutzutage ist es eigentlich kaum noch möglich, wirklich dunkle und stille Orte zu finden. Selbst Nachts finden wir den Widerschein der Zivilisation – in den Städten sowieso. Umso schwerer tun wir uns damit, die Dunkelheit in uns selbst zu ertragen und zuzulassen. In der Dunkelheit stellen wir uns unseren Ängsten, lassen uns vertrauensvoll in ein NICHTS gleiten und entdecken das, was verborgen ist. Der lärmende Verstand wird ruhig, um dann völlig entspannt im Hier und Jetzt zu verweilen. Der Rückzug in die Dunkelheit, in Höhlen oder dunkle Räume ist übrigens kein neuer Trend, sondern in sämtlichen traditionellen Meditations-Kulturen eine weitverbreitete Praxis.

Was geschehen kann

Eine Meditation im Dunkeln kann bewirken, dass man bewusster und tiefer entspannt, zu Selbstvertrauen und innerer Stärke kommt und aus dem Gedankenrad, für gewisse Zeit aussteigt. Unser Schlaf- und Wachverhalten normalisiert sich. Es ist hochinteressant, wenn wir die Neurophysiologie dazu anschauen, da haben wir mit der Dunkelheitsmeditation einen wahren Stresskiller. Wir wissen, dass der Hormonhaushalt in der Nacht und in Dunkelheit zu arbeiten beginnt. Ohne auf den gesamten und sehr komplexen Vorgang einzugehen, wissen wir, dass wir in wirklicher Dunkelheit  erholsamer schlafen und die Produktion, der für unsere Körperbalance wichtigen Hormone, effizienter erledigt wird. Dies allein führt schon zu mehr Lebensfreude, Wachheit und Gesundheit. Der Körper stellt sich selber wieder her. Wir nähern und kultivieren das, was in uns allen schon von je her angelegt ist und den Regeln der Lebensspirale unterliegt, nämlich den Zustand der Homöostase, der Selbstregulation. Womit wir ganz im Sinne der Salutogenese wären, die für unsere körperliche und unsere seelische Gesundheit, selbstverantwortlich ist. Wir kennen diesen Ausdruck meist und Selbstheilung oder Selbstgesundung.

Hindernisse

Doch unsere moderne Umwelt, mit ihren uns prägenden Schwierigkeit, steht uns meist im Wege … so sind wir viel zu schnell unterwegs. Unser ganzes Dasein ist von Zeit und Schaffensdruck geprägt. Unsere Ansprüche sind unreflektiert hoch und uns größtenteils nicht wirklich entsprechend. Ablenkung, durch die immer weiter wachsende Online-Gesellschaft und kaum erholsame Rückzugsmöglichkeiten, führen uns in einen Dämmerzustand. Wir haben das schon so sehr verinnerlicht, dass für viele von uns, ein nach Innen und zu sich gehen, ungeahnte Gefahren birgt … da lauert die Langeweile, mit der wir nichts anzufangen wissen. Da lauert der Wechsel von Aggression und Trauer und zudem droht ungeahnt bohrend, der mögliche der Verlust an Bedeutung … und all das kommt einem Tod gleich, also dem Nichts und der bedrohlich erscheinenden Frage: „Was und wer bin ich eigentlich“?

Was wir suchen

Dabei suchen wir doch alle nur nach der Liebe. Einer Liebe, die nichts verlangt, die uns umhüllt, die uns friedlich werden lässt. Doch diese Liebe ist im Außen nicht zu haben, das mussten wir bereits schmerzhaft erkennen. Wir ahnen schon, dass wir diese Liebe nur in uns selbst finden können. In einer Symbiose oder besser gesagt, in einer Vermählung mit dem Leben. Neben alle dem Wissenschaftlichen, das uns in den letzten Jahren erhellte und Meditation aus der Ecke einer bisweilen sagenumwobenen Esoterik entmystifiziert hat, gibt es doch etwas, das wir nicht greifen können, das wir nicht erklären können und wofür uns ganz einfach die Worte fehlen. Es ist zu kostbar, um von Worten verwässert zu werden, zu kostbar gar, um geteilt werden zu können. Es ist in einer unsagbaren Güte um uns herum. Es ist ein zutiefst ergreifendes und auf einer Seins-Erfahrung, beruhendes Geschehnis.

Wie Rilke es beschrieb                                                                                                                                                                                      

Da gibt es reiche Kronenreisen,

und Sterne sind als Steine drin.

Und keiner ahnt es, Du, ich bin,

bei meinen Schätzen wie ein Kaiser

und weiß von meiner Kaiserin.

Da gibt es etwas, das wir nicht machen können, etwas, das Entstehen will. Und dazu benötigt es ein Still werden in uns, ein Lauschen, ein zartes Wahrnehmen, wie einen sanften Windhauch, der warm und zauberhaft vorbeistreift und unser Inneres liebevoll umhüllt.

Das Lebendige ist das Ganze. Es gibt keine Teile, die Welt ist nichts Festes, wenn man die Wirklichkeit verstehen will, muss man die Hände öffnen, nicht greifen, sondern begreifen, man erkennt das Geistvolle, man erkennt die LIEBE.“   Sagte Hans-Peter Dürr (Kernphysiker) und zeigte uns auf seine Weise einen Weg in die Liebe.            

Alles Leben entsteht in Dunkelheit und alles Leben dringt ans Licht.

So entstehen wir im Mutterleib, geborgen in Dunkelheit, eingehüllt von dumpfen Geräuschen und der Wahrnehmung der Umgebung. Dieser Zustand wird auch das pränatale Bewusstsein genannt. Jede Körperzelle denkt von Anfang an, jede für sich ist ein Geheimnisträger des Bewusstseins. Die pränatale Zeit ist geprägt von der engen Verbindung zwischen Ohr und emotionalem Gehirn. Neben dem Rhythmus, der aus den Umgebungsgeräuschen, dem Herzschlag und dem Atmen der Mutter entsteht, ist es auch die Zeit hoher Emotionen, getragen von Liebe und Geborgenheit. Im Idealfall sind wir eingebettet und getragen, von guten Gedanken und Stimmungen der Mutter, die 1:1 auf uns übertragen werden. Es ist die tiefste Symbiose der Verschmelzung, des Einssein, in der wir sind, eins mit der Mutter und dem schöpferischen Werden. Mit Beginn des Hörens reagieren wir nicht allein auf Stimmen, sondern auch auf die damit zusammenhängenden Geräusche und Emotionen.

Wir verbringen die Zeit unseres Werdens wie gesagt in einem Rhythmus und genau dieser Rhythmus hat Einfluss auf unser Stress-Schlaf- und Wachverhalten. Er wird als Isomorphie, erinnertes Wohlbefinden, bezeichnet. Entstanden im Rhythmus von Herzschlag und Atmung. Einer Herzfrequenz von 64 Schlägen in Ruhe pro Minute und 16 : 16 Atemzüge (Ein- und Ausatmung) pro Minute. Diese embryonale Prägung lässt in uns Tiefenentspannung und Kohärenz entstehen. Das Prinzip von gleichem Schwingen verschiedener Körper, ist in allen Meditationstraditionen eine elementare Grundlage. Denken wir an meditative Musik, an Mantren und an tiefe Berührung durch wunderbare klassische Musik. All das regt etwas in uns an, das mit Entspannung zu tun hat.

Neben der Schöpfung selbst, unterliegen wir auch der schöpferischen Spirale des Lebens, die uns hinführen möchte zu Harmonie, Gesundheit, Glück, zu Werten, Sinn und Glauben. Dies scheint wie ein unsichtbares Band zu sein, das uns mit der Schöpfung verbindet und das uns treibt, früher oder später, nach innen zu gehen. Dann ist Meditation, meist nach vielen schmerzhaften Erfahrungen und dem Einsetzten der Suche nach dem Sinn des Lebens, ein Thema, das uns anzieht. Bei manchen setzt diese Sinnsuche früher, bei manchen später ein. Doch sicher ist, dass wir alle diesen Sinn suchen, der uns Halt, Orientierung und Zuversicht verleiht.

Meditation liegt in ihrer Tiefe jenseits von Philosophien, Psychologie und religiösen Anschauungen. Vielmehr geht es um die Suche unserer persönlichen Verbindung mit dem Leben. Nach den Jahren der Sinnsuche, die durch die Meditationspraxis angestoßen wird, folgt die Phase, in der wir die Stille suchen und beginnen diese zu untersuchen, und durch sie ein „in uns sein“ finden und anerkennen. Erst danach sind wir bereit in Dunkelheit zu sein und Dunkelheit in uns zu erkennen und zu erfahren.

Kommen und gehen

Das Licht deiner Seele weist dir den Weg durch die Dunkelheit, denn die Dunkelheit, aus der wir kommen, ist die Gleiche, in die wir zurückkehren werden. (OSHO)

Die Zeit dazwischen bezeichnen wir als unser Leben. Gern und vor allem modern und selbstbewusst, erleben wir diese Zeit als durch uns selbst bestimmt, strukturiert und gestaltet. Dass es neben dieser Illusion des selbst gesteuerten Lebens, eine unbeeinflussbare Konstante gibt, die immer ist und immer war, wird uns in den Tagen der Dunkelmediation bewusst.

Und als schicksalhaft bezeichnen wir die Momente des Lebens, in denen wir ungeahnt mit diesem Unvorhersehbaren in Kontakt kommen. Unfreiwillig kommt unsere Lebensillusion ins Stottern und ohne unseren bewussten Willen werden wir von Außen nach Innen katapultiert. Meist und unter schmerzhaften Begleiterscheinungen, kommen wir wenigstens so zu einer längst fälligen Kontaktaufnahme mit unserem inneren Feuer, welches uns befähigen kann, zu uns zurückzufinden.

Befinden wir uns hingegen auf einer freiwilligen Reise nach innen, suchen wir diese Erfahrungen in uns und erleben diese wie eine Rückkehr und ein nach Hause kommen. Die Hingabe an die Dunkelheit ist der direkte Weg in die eigene Existenz. Wir durchlaufen während des Retreats mehrere Entwicklungsstufen. Da sind Phasen der Einfindung, Phasen der Widerstände, Phasen der Tiefenentspannung, Phasen der Klarheit, Phasen der Auflösung.

So manche/r Teilnehmer/in versöhnt sich mit der Endlichkeit, öffnet sich der Kreativität oder macht Erfahrungen voller Glückseligkeit und friedvollem einverstanden sein mit dem LEBEN, so wie es gerade ist. Auf der körperlichen Ebene schärfen sich unsere Sinne, regulieren sich Schlaf- und Wachverhalten, entrinnen wir mal temporär dem Hamsterrad der Gedanken und erhalten Einblicke in das tatsächlich Wertvolle.

Wir freuen uns, Sie im Dunkeln zu sehen…

 

Gerne können Sie diesen Text verwenden und ihn mit anderen teilen. Über eine Quellenangabe freue ich mich …

Vielen Dank! Marion Hötzel